Die E-Mail im geschäftlichen Verkehr

Achtung: bei E-Mails im geschäftlichen Verkehr – Zugang auch ohne Ihre Kenntnisnahme

BGH Urteil vom 06.10.2022 – VII ZR 895/21

Was ist der Hintergrund?

Wie viele Briefe und Telefaxe erhalten Sie noch in Ihrem Unternehmen?
Sicher weitaus weniger als E-Mails.
Die E-Mail hat sich im geschäftlichen Verkehr längst als häufigstes Kommunikationsmittel durchgesetzt.

Dabei werden Ihnen per E-Mail-Angebote unterbreitet, Sie geben Angebote ab oder nehmen solche an und es werden Fristen gesetzt.

Bei alle dem handelt es sich, wie auch bei dem klassischen Brief, um die Abgabe von Willenserklärungen unter Abwesenden (§ 130 BGB).

Eine solche Willenserklärung wird nach § 130 BGB im Zeitpunkt des Zugangs wirksam.

Entscheidung des BGH vom 06.10.2022

Bezüglich des Zugangs von E-Mails hat der BGB mit Urteil vom 06.10.2022 klargestellt, dass eine E-Mail als zugegangen gilt, wenn sie im geschäftlichen Verkehr innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt wird. Darauf ob die E-Mail abgerufen und tatsächlich zu Kenntnis genommen wird, kommt es gemäß BGH nicht an.

Konsequenz der Entscheidung und Tipps

  • E-Mail Eingang
    Legen Sie in Ihrem Unternehmen Regeln und Prozesse fest, die sicherstellen, dass die E-Mails zeitnah abgerufen werden. Oft hindert dies natürlich den eigenen Arbeitsfluss. Wer kennt es nicht; gerade sitzt man einem größeren Projekt und da wird man durch das „Ping“ oder das „flackernde Briefchen“ auf dem Bildschirm abgelenkt. Aber vielleicht kann Ihr Sekretariat oder ein von Ihnen ausgewählten Mitarbeiter/in Ihre E-Mail regelmäßig kontrollieren und Fristen oder auch Bindefristen an Angebote notieren und Ihnen zur Kenntnis bringen.
  • E-Mail Ausgang
    Während Sie bei einem klassischen Brief, durch sofortige Versendung eines Telefaxes oder einer E-Mail, den Inhalt Ihrer Willenserklärung widerrufen können (solange Fax oder E-Mail vor dem Brief bei dem Empfänger eintrifft), z.B. in Fällen in denen Sie vielleicht eine Angebotsposition in Ihrem Angebot vergessen haben, besteht nach der jetzigen Rechtsprechung des BGHs diese Möglichkeit bei der E-Mail nicht. Ist sie erst einmal auf dem Server des Empfängers „gelandet“, haben Sie keine Widerrufs- oder Korrekturmöglichkeit mehr. Widerstehen Sie daher dem Drang, wenn Sie endlich alles fertiggestellt haben, gleich auf „Senden“ zu drücken. Prüfen Sie lieber den Inhalt einer E-Mail einmal mehr als einmal zu wenig und führen Sie nach Möglichkeit bei komplexeren Angeboten und Sachverhalten vor dem Versenden ein Vier-Augen-Prinzip ein.

 

Sabine Kunz

Sabine Kunz

Rechtsanwältin, Fachanwältin Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Bau- und Architektenrecht, Compliance Officer | Telefon +49.6102.71170 | info@kp-taxandlaw.com